Wenn Radprofis dopen, ist das sicherlich moralisch verwerflich – aber vielleicht ein Stück weit nachvollziehbar. Schließlich muss mit dem Sport im Extremfall die eigene Existenz gesichert werden. Ein Radprofi muss Leistung bringen, Erwartungen erfüllen und sich im Team und im Fahrerfeld behaupten. Schafft er das nicht, muss er sich einen neuen Job suchen. Ganz klar, wer dopt, spielt mit seiner Gesundheit, aber es gibt viele andere Arbeitnehmer oder Studenten, die das genauso tun: Sich „dopen“, fitter machen, als man eigentlich ist, um im Arbeits- oder Unialltag zu bestehen.
Weit weniger nachvollziehbar ist es (für mich zumindest), wenn Hobby-Radfahrer dopen. In diesem Bereich geht es allein um Prestige, allein darum, besser dazustehen als ohne Doping. Um sich vor anderen zu profilieren, mit dem Wissen, sich einen unfairen Vorteil verschafft zu haben. Und zumindest mit der Ahnung, sich und seiner Gesundheit keinen Gefallen zu tun und im Extremfall mit Spätfolgen zu kämpfen. Alles für diesen einen Moment beim Jedermannrennen, um auf Platz 503 statt auf Platz 898 im Ziel einzufahren.
„Was momentan in Sachen neuer Substanzen läuft, ist der größte Menschenversuch aller Zeiten“, klagt Fritz Sörgel, Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Nürnberg.
Doping im Hobbyradsport, Rennrad
Einfache Beschaffung verbotener Mittel über das Internet, der gesamtgesellschaftliche Drang zur Selbstoptimierung und fehlende Kontrollen lassen Doping im Hobbyradsport blühen. Es gibt Hoffnung dank neuer, wirksamer Testverfahren. Doch wie soll der Kampf gegen Doping im Hobbyradsport finanziert werden? Mit einem Soli für saubere Sportler, der auf die Anmeldegebühren aufgeschlagen wird? Ein lesenswerter Report über Doping im Hobbybereich von Daniel Götz, der viele Seiten beleuchtet: radsport-rennrad.de
Aufruf
Du bist Radsportler/in und hast Erfahrung mit Doping, hast zum Beispiel selbst schon gedopt? Dann melde Dich doch bei mir, ich würde Dir sehr gerne ein paar Fragen stellen dazu. Mir geht es nicht um eine Verurteilung, mir geht es um das Verstehen, um das Warum und um das Wie. Diese Erkenntnisse möchte ich dann eventuell veröffentlichen, als Interview oder in anderer Form – selbstverständlich anonymisiert. Melde Dich gerne ganz anonym bei mir, egal ob Hobby-, Jedermann- oder Lizenzsportler, egal ob Frau oder Mann. Ich werde keine Anstalten machen, Dich zu identifizieren. Das garantiere ich Dir.
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Carolyn Ott-Friesl
Seit fast 20 Jahren auf dem Rennrad unterwegs - nicht viel, nicht schnell, aber mit Leidenschaft. Seit 2014 Bloggerin auf Ciclista.net
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Meine Ausrüstung:
Helm* - Brille* - Bluetooth-Kopfhörer* - Radsportbekleidung* - Radsportcomputer*
17 Gedanken zu “Doping im Hobbyradsport”
Möchte „Das würde ich niemals tun!“ ergänzen um die Aussage „und kann solche Idioten auch nicht verstehen, da man schon sonst ein sehr trauriges Leben haben muss, um sich seine Selbstbestätigung auf diesem Wege holen zu müssen.
Danke 🙂
Man steckt nicht drin, deswegen würde ich es wahnsinnig gern verstehen können. Für mich würde das nämlich auch nie in Frage kommen.
Selbst wenn Radprofis dopen habe ich dafür kein Verständnis. Aber als Amateursportler betreibt Mann oder Frau doch genau diesen Sport um sich wohl zu fühlen, um fit zu sein und/oder sich vom Alltag abzulenken. Am Besten noch ausgewogen und gesund ernähren. Und dann chemische Mittel einwerfen? Auf Kosten der Gesundheit? Um vor anderen zu glänzen? Das grenzt dann doch sehr an Schizophrenie.
Verständnis für Radprofis habe ich ebenfalls nicht, ich kann nur die Motive ein Stück weit nachvollziehen. Das kann ich bei Hobby-Radlern so gar nicht.
Ich hab zwar kein Verständnis für Doping, verstehe es bei Profisportlern aber. Wenn man sich in einem so umkämpften Job durchsetzen will muss man halt alles geben. Und zu Alles gehört eben Alles! In der „normalen Arbeitswelt“ setzen sich auch nicht die Gerechten und gutmütigen durch, sondern die mit Durchsetzungsvermögen. Und da werden halt auch alle Gesetzeslücken ausgenutzt. Wenn man die Frage stellt ob jemand legale, unbedenkliche Nahrungsergänzungsmittel nehmen würde um seine Leistung zu optimieren, würden viele doch vielleicht ja sagen. Aber was ist an Rote Beete Saftkonzentrat, Coffein und Schmerzmitteln weniger verwerflich als ein Dopingmittel, welches nicht nachgewiesen werden kann? Das eine steht auf einer Liste und das andere nicht. Moralisch ist eigentlich beides verwerflich. Trotzdem schmeißen sich 2/3 der Sportler legale Substanzen.
Sich prophylaktisch Schmerzmittel vor einem Wettkampf einzuwerfen, halte ich schon für Doping. Denn damit ignoriert der Körper die „eingebaute“ Bremse beim Aufkommen des Schmerzes, indem er „langsamer“ fordert.
Und sich Konzentrate egal welcher Art einzuschmeißen, hat ja nachweislich keine positiven Effekte. Eine ausgewogene Ernährung und auf den Leistungssport abgestimmte bringt da wesentlich mehr.
Ich kann es ebenfalls nicht nachvollziehen. Ich betreibe seit 5 Jahren diesen wunderbaren Sports, mitleeweile im Marathon Bereich. Fahre auch Jedermannrennen Frankfurt, Köln und Hamburg in diesem Jahr, 24 Standen Rad am Ring im 4 Jahr (4er Team).Ich erfahre immer wieder Anerkennung von Kollegen ohne Rekorde zu brechen. Ich wüsste überhaupt keinen Grund nachzuhelfen.
Ja, natürlich ist das Ergebnis im Jedermannrennen eine Selbstbestätigung. Dumm nur, wenn man dann im Hinterkopf hat, daß die um 3% bessere Plazierung nur das Ergebnis einer möglicherweise lebensgefährlichen Anwendung von Dopingmitteln darstellt. Eigentlich wird dann ein ehrlicher Platz 153 noch mehr wert, weil man vielleicht 5 oder auch 20 Doper herausrechnen kann.
Und genau deswegen befürworte ich Dopingkontrollen auch bei Jedermannrennen, meinetwegen für 5€ mehr an Startgebühr. Aber dannbitteschön mit echten Konsequenzen bei positivem Ergebnis, minimum lebenslange Sperre, am besten noch Strafgebühr in Höhe der 10-fachen Startgebühr.
Hola !
Also soll doch jeder Dopen wie er mag und will, wenn das einer mit sein Gewissen vereibaren kann ! Dann ist doch eher was anderes im Menschen „kaputt“ – aber auch viele nicht Sportler Dopen, aufgrund dem Stress im Job ! Ich bin Koch und fahre Rennrad um mich zu Dopen, um vom Stress am Kochtopf – finde mein Gewissen ist ok ! – Sport Frei – Holle-Hollnagel.com
Das Ergebnis war ja klar: 92% klicken „Würde ich niemals tun“. Und die Mehrheit hat es schon getan. Man muß nur überlegen, was Doping überhaupt ist. Selbst eine Ibuprofen nach dem Training ist schon Doping. Oder zuviel Kaffee (Koffein). Oder Heuschnupfen-Medikamente.
Fazit: die Hobbysportler sind eigentlich genauso verlogen wie die Profis. Eigentlich nur noch zu toppen durch Fußballer….
Da wäre ich mir gar nicht so sicher. Ich glaube, dass die Zahlen schon hinkommen, lass‘ es noch 5 % mehr „Doper“ sein, die unehrlich geantwortet haben. Aber wenn man überlegt, dass ca. 10% aller Hobbyradfahrer dopen, ist das ja schon eine echt kritische Masse, wenn man die schiere Anzahl bedenkt. Das wären beispielsweise mehr als 1000 Doper allein beim Velothon Berlin. Dass die Mehrheit unerlaubte Mittel einwirft, glaube ich nicht.
Legal in der Apotheke könnte ich mir es vorstellen. Wenn man bedenkt wie viele Sportler dopen, ist das Argument, dass es gefährlich sei doch reine Panikmache. Mit Maß und Ziel glaube ich, dass Substanzen wie EPO sich positiv auf die Gesundheit auswirken können, da man ja auch im Alltag mehr Energie hat und weniger Schlaf benötigt. Und die Menschen in Tibet oder Bolivien fallen ja auch nicht mit 40 vom Sattel.
Auch harmlose Dinge wie Testosteronpflaster sind ja heutzutage „Doping“.
10% scheinen mir recht niedrig gegriffen. Ich habe auch schon vor einem Laufmarathon „prophylaktisch“ ne Aspirin eingeworfen. Einfach, weil mir die Problematik nicht bewußt war und ich dachte dass es schon irgendwie ok ist, machen ja fast alle so.
Daß genau diese Einstellung auch irgendwann zu krasseren Maßnahmen führen könnte, dessen ist man sich als Hobbylette einfach zu wenig bewußt.
Es müßte im Vorfeld sämtlicher Marathonveranstaltungen(Lauf+Rad) diese Problematik einfach besser kommuniziert werden als bisher.
Momentan läuft ja eher so die Schiene dass man nicht ernst zu nehmen ist, solange man nicht wenigstens einen verf*ckten Marathon gefinished hat, egal ob die körperlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind.
Das ist verflucht traurig wenn man als Gesellschaft so ein Botschaft raushaut!
Ja, ich würde es tun, in besonderen Situationen, hab ich angeklickt. Warum? – hab‘ ich nämlich auch schon… bei einem Laufwettkampf trotzSschmerzen mit Schmerztabletten an den Start.
Dass das nicht die feine englische Art ist, ganz klar … betrogen hab ich hauptsächlich mich selbst, ebenso in Gefahr gebracht (wie ich es aber auch bspw. mit einer besonders riskanten Abfahrt tun würde).
Ansonsten sollte man sich schon klar machen, wie fein die Grenzen manchmal sind. Selbst mit Koffein kann man Leistungssteigerungen erreichen oder gezieltes Fasten + High-Carb. Verboten ist das nicht – aber genau in diesen feinen Grenzen bewegen wir uns. Die Optimierung des Trainings, der Leistung, der Enährung, des Materials führt zu Unterschieden im Endergebnis.
Herauszubeschwören, dass der reine Geist des sportlichen Wettkampfs das 1:1 ist gilt doch wirklich nur für Sportarten wie Ringen & Co. … überall dort wo Material ins Spiel kommt, sind die Unterschiede schon da.
So lange jemand einen sportlichen Wettkampf dafür bestreitet nicht nur sich selbst, sondern auch andere Leute schlagen zu wollen werden alle Mittel genutzt… und selbst ein Dopingfreier Radsport ist ein Sport in dem eben Mittel die NICHT verboten sind genommen werden … ob das wirklich einen Unterschied zu den verbotenen macht?
Alles sehr schwierig zu beantworten.
Ich kann Doping im Hobby-Radsport zwar nicht tolerieren, aber leider nachvollziehen. In der heutigen Gesellschaft zählt immer mehr nur noch der äußere Schein. Nach außen protzen und auf dicke Hose machen in allen Bereichen, koste es was es wolle.