Wie gefühlt alle, die halbwegs ohne Stützräder Fahrrad fahren können, waren auch wir im April da: Auf Mallorca! Für mich war es das zweite Mal mit dem Rennrad auf der Insel und zum ersten Mal war ich im Norden, in Alcúdia. Und zum ersten Mal mit Familie.
Warum waren wir da? Um Radkilometer zu sammeln, was im Alltag oft nicht so einfach ist. Was so ein Trainingslager auszeichnet? Im Idealfall viel radfahren, gut essen, viel Regeneration.
Was unser Trainingslager auszeichnete? Halbwegs viel radfahren, wenns gut lief gut essen, und äh – viel Spielplatz statt ausgiebiger Regeneration. Oder auch: Trainingslager, wie man es nicht macht. Wir hatten nämlich den kühnen Plan, mit Kleinkind und ohne weitere Betreuung ein paar Kilometer zu sammeln. Schichtsporteln also, eins Vomittag, eins Nachmittag und ansonsten Kleinkind bändigen. Quasi ein Halbtagstrainingslager mit Bonuslevel.
Und was soll ich sagen? Es hat richtig viel Spaß gemacht, aber es war eine echt harte Nummer. Was ich geschafft habe, wie ich es gemacht habe und wie es mir währenddessen und danach ging? Das lest Ihr hier.
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Mallorca im April
Aber zunächst einmal: Wie ist Mallorca eigentlich so im April? Ich hatte leichte Bedenken, dass es mir zu dieser Zeit schon fast zu warm wird. Wir hatten aber „Glück“ und ein Wettertief erwischt. Während es an unserem Anreisetag noch 30 Grad waren und ich auf dem Weg vom Flughafen zum Taxi innerlich schon leicht verzweifelte, waren es dann meistens doch eher 17 bis 20 Grad. Bestes Frühlings-Rad-Wetter also! Letztes Mal waren wir im Februar vor ein paar Jahren auf Mallorca – da waren es eher so 10 bis 15 Grad, aber immer noch besser als die damaligen -20 Grad zuhause 🙂
Ich habe jedenfalls seeehr optimistisch gepackt und das einzig lange Kleidungsstück, das ich dabei hatte, war eine dünne Regenjacke. Hat auch funktioniert – ich bin aber auch eher keine Frostbeule. Der beste Mann der Welt fuhr da schon öfter in lang/lang herum, der startete aber auch immer Vormittags, da knallt die spanische Sonne noch nicht so heftig.
April gehört ja auf Mallorca zur absoluten Radsport-Hauptsaison. Trotzdem konnten wir unsere Leihräder recht kurzfristig buchen, etwa eine Woche vorher. Die Auswahl war zwar ein bisschen eingeschränkt, aber der beste Mann der Welt und ich bekamen beide einen sehr guten fahrbaren Untersatz bei Wheelssport in Port d’Alcúdia. (Das liebe ich ja an Leihrädern eh, dass man auch mal andere Marken ausprobieren kann. Wie dieses Mal: Ein Orbea.)
Unser Trainingslager in Alcúdia
Wir hatten nun also jeweils sechs halbe Tage Zeit zum Kilometersammeln. Gerade einmal 400 Kilometer habe ich davor dieses Jahr hinbekommen, also war ich um jeden zusätzlichen Kilometer froh. Die Anreise war mit Kind dann aber doch irgendwie stressiger als gedacht.
Ich vergesse in solchen Situationen doch öfter mal, auf mich selbst zu achten, genug zu trinken und zu essen und die eingeschlafenen Gliedmaßen mal kurz auszustrecken, wenn das Kind auf mir eingepennt ist. Deswegen startete ich mit einem zünftigen Schädelweh und ordentlichem Muskelkater in den Radurlaub. Man muss sooo weit laufen im Flughafen Palma! Und mit Kind, das nicht in den Kinderwagen will, ist das 1A-Stabi-Training. 😬
Statt der geplanten ca. 110 Kilometer rollte ich am ersten Tag deswegen einfach mal los zur kürzesten Tour, die wir uns vorher ausgeguckt hatten – insgesamt 60 Kilometer zum Cap Formentor. Einfach mal anfangen und raus. Besser als in Selbstmitleid versinkend auf dem Spielplatz sitzen. Riegel haben wir natürlich zuhause vergessen, im Supermarkt nebenan gab es nur sehr eingeschränkte Auswahl, so werden die nächsten Tage Mentos-Dragées meine Begleiter in der Trikottasche. Gibt Energie, schmilzt nicht, schmeckt gut.
Und wie so oft: Eine Radtour hilft gegen vieles – auch gegen reisebedingtes Kopfweh und allgemeine Unlust. Vor allem, wenn man nach wenigen Kilometern einfach am Meer entlangradelt, die Wellen mit weißer Gischt an den Strand schlagen und die spanische Sonne auf der Haut kitzelt. Ja, so gehts eigentlich.
Und auch die weiteren Kilometer bringen Laune. Während der Mann von seinem Vormittagsride von zeeehntausenden Radfahrer*innen am Randa berichtet hatte, sind die Straßen am Nachmittag fast leer. Ein paar Radler, ein paar Autos – erst auf den letzten Kurven zum Leuchtturm am Cap Formentor stauen sich die Autos einige Kurven bergab. Rechtzeitig zum Abendessen komme ich im Hotel an und bin fröhlich und voll mit Eindrücken von der so ganz anderen Landschaft. Ok, ich bin bereit, gib mir mehr Kilometer!
Die nächsten Tage versuche ich, alle innerhalb eines halben Tages erreichbaren Highlights abzuradeln. Ich fahre zum Coll de Femenia, zum Randa, zum Orient, kleine Regenerationstour zur Cala Sant Vicenç und am Ende noch einmal über Petra nach Sineu, mit kurzem Kuchen- und Rundenfahrstopp an der dortigen Radrennbahn (große Empfehlung, macht Spaß!).
Insgesamt sind es damit 450 Kilometer mit knapp 4000 Höhenmetern. Gar nicht so schlecht für so ein Halbtagstrainingslager, oder?
Was mir noch fehlt nach der Woche ist Sa Calobra. Die 2000 Höhenmeter habe ich mir dann doch nicht mehr als Nachmittagstour zugetraut. Auch, weil die Nächte leider meistens recht kurz waren und nach zwei, drei Tagen auf dem Rad merkt man einfach schon, wie die Kräfte nachlassen. Aber man braucht ja auch noch Ziele, oder?
Mallorca mit dem Rennrad – Lieber im Norden oder Süden/Palma?
Das ist ja ganz oft die Frage, wenn es um die Trainingslager-Planung geht. Geht man lieber in den Süden von Mallorca, wo der Flughafen nah und Palma zum Shoppen und für die Abendgestaltung gut erreichbar ist? Oder geht man doch in den Norden, um einige Touren-Highlights in besserer Reichweite zu haben?
Ich bin da ganz klar unentschieden 😉 Ich finde, es gibt überall tolle Touren. Wir waren beim ersten Mal in Paguera, da ist man quasi am südlichen Eingang zum Tramuntana-Gebirge und kann (nein, muss) auf jeden Fall gut Höhenmeter sammeln. Die Küstenstraße von Deiá beispielsweise, Port d’Andratx und Sollér – ein Träumchen!
Von Alcúdia aus muss man dafür keine Monstertouren machen, um viele bekannte Highlights abzufahren. Cap Formentor, Sa Calobra, Orient – alles sehr gut erreichbar. Was für mich glaube ich nix wäre, ist der Südosten – das wäre mir persönlich einfach zu flach. Schon auf der Tour Richtung Petra fand ich die langen, geraden Straßen ziemlich langweilig. Da bin ich glaub ich zu verwöhnt von meinen Bergstraßerln hier im Inntal. Geradeaus bis zum Horizont kann ich nicht mehr so gut.
Trainingslager mit Kleinkind – Meine Tipps
Und wie gelingt nun so ein Trainingslager mit Familie, wenn beide Elternteile radfahren möchten und keine weitere Betreuung dabei ist? Hier sind ein paar Tipps, die ich mir für das nächste Mal auf jeden Fall hinter die Ohren schreibe.
1. Vorbereitung ist alles
Lege Dir vor der Tour alle Klamotten bereit, pumpe die Reifen rechtzeitig vorher auf, hab alles an einem Platz, wo Du es wiederfindest. Denn die zur Verfügung stehende Zeit ist kostbar. Da willst Du nicht eine halbe Stunde damit verplempern, die Brille in irgendeiner Seitentasche nicht zu finden und die Inbus-Schlüssel verzweifelt zu suchen, um die Sattelhöhe doch noch anzupassen. Bereite alles so vor, dass Du nur noch in die Radklamotten springen und loslegen kannst, wenn die Zeit für Deine Tour da ist.
2. Flexibel bleiben
Auch so ein Kind ist halt nur ein Mensch und nicht jeder Tag ist gleich. Da funktioniert der Mittagsschlaf doch nicht wie geplant, die Nacht ist schlechter als erhofft oder der Abschied von Mama oder Papa dauert doch noch ein paar Kuscheleinheiten länger.
Bereite dich darauf direkt mental vor, damit Du im Zweifel nicht wahnsinnig gefrustet bist. Hab alternative Touren parat und nimm jeden Tag, wie er kommt.
3. Nicht gleich aufgeben
Du bist echt kaputt und weißt gar nicht, wie Du jetzt noch radfahren sollst? Ja, klingt komisch, aber mir hilft da: Einfach mal losfahren – und wenns nur für eine 20-Kilometer-Tour ist. Die Welt sieht auf dem Rad meistens gleich anders aus!
4. Verpflegung
Ich weiß ja nicht, ob ich da die einzige bin, der es so geht – aber wenn ich mich ums Kind kümmere, vergesse ich mich selbst hin und wieder. So ein Kleinkind isst ja gefühlt fast nix und irgendwie doch den ganzen Tag – und vor allem will es immer das, was gestern noch superbäh war. Das ist anstrengend und da kann man schon mal vergessen, dass man selber richtig Mittag isst.
Ich habe mir echt zu viele Notfall-Schokocroissants reingedrückt vor meinen Touren, da sollte ich beim nächsten Mal besser planen.
5. Achte auf Dich
So ein Trainingslager ist für sich schon eine ziemliche Belastung für den Organismus. Schließlich sitzt Du da normalerweise plötzlich einige Wochenstunden mehr als sonst im Sattel. Da ist es keine Seltenheit, dass man danach erst einmal ein bisschen kränkelt, weil der Körper etwas überlastet und somit anfälliger für Viren ist.
Wenn da jetzt noch ein (oder mehr?) schlecht schlafendes und trotzdem energiiiiegeladenes Kleinkind dazukommt, wird es noch wichtiger, dass Du auf Dich achtest. Also lieber mal einen ruhigeren Tag mehr einplanen und nicht auf Gewalt die großen Touren durchziehen. Ich hab da die Balance wohl ganz gut hinbekommen – ich war in der Woche danach zwar uuunglaublich müde, aber gesund.
6. Lass Dir ein bisschen Freiraum zum Genießen
Ja, die Zeit ist knapp, Du willst schnell wieder zur Familie bzw. dem Partner auch die Radtour ermöglichen und die Zeit fürs Abendessen kommt auch immer schneller als gedacht. Aber nimm Dir trotzdem hin und wieder die Zeit für einen schönen Café-Stop oder das Genießen eines Ausblicks. Die zwei Kuchenpausen, die ich mir gegönnt habe, waren gefühlt ein eigener Urlaub für sich.
7. Sorge für eine kinderfreundliche Umgebung
Unser Hotel war jetzt sicher nicht MEINE erste Wahl und ohne Kind hätte man mich dort wahrscheinlich nie gesehen. Aber: es gab sechs Spielplätze in Reichweite, einen kleinen Pool mit Kinderbereich und das Buffet war auch ziemlich kinderfreundlich. Und für ältere Kinder hätte es sogar Kinderbetreuung gegeben – dafür ist unseres noch etwas zu klein. Von daher minimaler Einsatz für maximale Bespaßung. Das braucht man auch, wenn man von der Radtour kaputt ist. 😉
Ich hoffe, es waren ein paar hilfreiche Tipps für Dich dabei! Hast Du noch mehr? Dann gern damit in die Kommentare! ⬇
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Carolyn Ott-Friesl
Seit fast 20 Jahren auf dem Rennrad unterwegs - nicht viel, nicht schnell, aber mit Leidenschaft. Seit 2014 Bloggerin auf Ciclista.net
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Meine Ausrüstung:
Helm* - Brille* - Bluetooth-Kopfhörer* - Radsportbekleidung* - Radsportcomputer*
2 Gedanken zu “Mit dem Rennrad in Alcúdia/Mallorca + Tipps fürs Trainingslager mit Familie”
Das macht mir Mut, es auch mal nächstes Frühjahr zu wagen. Magst du das Hotel noch nennen? Lieben Dank!
Klaro! Wir waren im Seaclub Mediterranean Resort in Port d’Alcudia 🙂