Mallorca im Februar – Paguera: Rennradfahren am Fuße der Tramuntana

Zum ersten Mal ein richtiges Trainingslager im Frühjahr. Zum ersten Mal auf DER Radfahrerinsel. Zum ersten Mal Mallorca. Also wenn das nicht gut wird, dann weiß ich auch nicht. Die Erwartungen – man merkt es vielleicht so ein kleines bisschen – sind hoch vor dem Abflug.


Inhalt:


 

Und es beginnt alles ziemlich geschmeidig: Es ist Mitte Februar, früh um 8 geht unser Flug von Stuttgart nach Palma de Mallorca. Wir starten bei 0 Grad und landen bei 12 Grad, so hatten wir uns das vorgestellt! Der erste Tag hält, was der Frühling verspricht: In der Sonne werdens bis zu 15 Grad und wir schauen uns bei bestem Wetterchen Palma an.

Sightseeing in Palma.

Abends geht es ins Hotel nach Paguera. Der Mann und ich senken den Altersschnitt unserer Unterkunft deutlich, ein Radfahrerhotel für jüngere Menschen ist das hier nicht. Macht aber gar nix, das Essen ist gut, die Tischnachbarn nett, unser Zimmer im Erdgeschoss und einen versteckten Balkon, auf dem wir die Räder lagern können, haben wir auch. Alles gut also. Nach dem reichlichen Abendessen fiebern wir dem nächsten Tag entgegen. Schließlich gibts da 1. Frühstück (nicht, dass ich verfressen wäre… aber ich liebe Halbpension!) und 2. können wir ab neun Uhr unsere Leihräder abholen und endlich radfahren.

Unser Plan geht aber nicht so richtig auf. Es waren zwar Schauer angesagt, aber während wir am nächsten Tag beim Frühstück sitzen, regnet es sich so richtig ein. Das Regenradar macht uns immer wieder falsche Hoffnung, nur um dann doch immer wieder neue Regenwolken aus dem Hut zu zaubern. Na wunderbar.

Trotzdem laufen wir los und holen bei Ride Mallorca, nur zwei Querstraßen vom Hotel entfernt, unsere Rennräder ab. Da es genauso viel gekostet hätte, unsere eigenen Räder mitzunehmen, entschieden wir uns lieber für das stressfreie Mieten vor Ort. Bei Ride Mallorca empfängt uns direkt ein überdimensionales Sagan-Poster – es stellt sich heraus, dass der Besitzer wie Peter Sagan aus der Slowakei und natürlich mächtig stolz auf seinen Landsmann ist. Netterweise bekommen wir sogar etwas Rabatt wegen des Regenwetters, echt klasse Service! Ich nehme mein gebuchtes Specialized Tarmac in Empfang, der Mann setzt sich auf sein Merida Scultura und wir machen uns auf den nassen Weg zurück ins Hotel.

Ride Mallorca in Paguera.

Unsere Radtouren ab Paguera

Angeblich war der Februar schon vor unserer Ankunft der verregnetste seit Beginn der Wetteraufzeichnung und auch die Temperaturen lagen weit unter dem Durchschnitt. Eigentlich müsste man ja meinen, das dreht sich irgendwann. In den ersten beiden Tagen spüren wir da leider nichts davon. Die ersten beiden Tage platscht ein Schauer nach dem anderen herunter und wir trauen uns nur für eine 30 und eine 50 Kilometer Ausfahrt nach draußen – dabei werden wir nass bis auf die Knochen, aber bekommen schon einmal einen Eindruck von der Umgebung – und von der Mandelblüte.

Tag drei ist dann endlich unser Tag – die Sonne scheint fröhlichst vom Himmel und wir können endlich eine der größeren Touren in Angriff nehmen, die wir zuhause geplant haben. Quasi ein bisschen Sightseeing mit dem Rad – wir fahren von Paguera nach Palma und weiter nach El Arenal. So sieht der Ballermann also aus, jetzt hab ich das auch mal live und in Farbe gesehen. Weiter gehts nach Llucmajor, dort gönnen wir uns eine Kaffeepause. Von hier aus kann man den berühmten Randa schon aus der Landschaft ragen sehen – wollen wir da noch hoch, obwohl es noch gut 70 Kilometer zurück ins Hotel sind? Die Umfrage in meiner Insta-Story spricht eine klare Sprache: Randa muss sein. Also los.

Hinauf auf den Randa – dieser Berg brummt vor Radfahrern!

Fünf Kilometer geht es hinauf, der Berg brummt förmlich vor Radfahrern. Uns sind zwar den ganzen Tag schon viele Radgruppen begegnet, aber was an diesem Berg los ist, übertrifft alles, was ich bisher außerhalb eines Rennens gesehen habe. Die Krönung ist dann, als Tony Martin bergauf an uns vorbeirauscht und John Degenkolb uns mit einem Teamkameraden fröhlich plappernd entgegen kommt. Not bad, das passiert mir zuhause nicht so häufig! (Na gut, Marcus Burghardt oder Leif Lampater fetzen da schon hin und wieder vorbei.)

Mallorquinischer Mandelkuchen – Himmlisch!

Wir kommen dann auch mal oben an, am Gipfel des Randa, und genießen den Rundumblick über die Insel – die Kletterei hat sich gelohnt! Noch ein paar Fotos und weiter geht die wilde Fahrt. Wir düsen mit Rückenwind Richtung Santa Maria di Calmi, weiter nach Establiments und Calvia und kommen – nach noch einem Mandelkuchenstopp – nach 135 Kilometern und 1300 Höhenmetern mit den letzten Sonnenstrahlen und pünktlichst zum Abendessen in Paguera an. Ein Traum, so kann es weiter gehen!

Mit den letzten Sonnenstrahlen rollen wir in Paguera ein…

Panoramatour zum Durchatmen in den Ausläufern der Tramuntana

Am nächsten Tag brauche ich ein bisschen, bis ich in Schwung komme. Die Tour heute sollte locker werden, sonst hab‘ ich ein Problem. Zum ersten Mal fällt mir ganz bewusst auf, dass es irgendwie immer bergauf geht, wenn man aus Paguera raus will. Tramuntana eben. Und heute fällt das besonders schwer.

Für diese Landschaft lohnen sich so einige Strapazen!

Aber diese Tour entschädigt mit wunderbaren Ausblicken. Wir fahren zunächst über die Küstenstraße Richtung Palma, um kurz vor der Inselhauptstadt Richtung Norden nach Genova abzubiegen. Von dort geht es weiter zum ruhigen aber absolut lohnenden Anstieg nach Galilea und schließlich über Es Capdella und Andratx wieder zurück nach Paguera. Landschaftlich ein wirkliches Highlight – dafür stehen am Ende auch wieder 1000 Höhenmeter auf der Uhr. Beinchen not amused – dabei haben wir doch noch was vor!

 

Königsetappe über Valldemossa und Port de Soller

Denn die Königsetappe steht an. Wir fahren nicht ganz den berüchtigten Küstenklassiker – aber einen Teil davon. Reicht jedenfalls, um mich nervös werden zu lassen. Wir radeln wieder Richtung Palma und hinauf nach Genova, um von dort aus nach Valldemossa zu gelangen. Zur Info: Das ist ein Bergdorf. Es geht hoch. Echt lang. Und es ist Februar. Und warm ist es auch. Und ich bemitleide mich und meine geschundenen Beine sehr. Aber ich bekomme es irgendwie hin und kurble stetig nach oben.

Hoch, hoch, nach Valldemossa!

 

Gerade, als ich kurz vor dem Platzen bin, erreichen wir Valldemossa und der Anstieg hat zunächst ein Ende. Jetzt kommt erst einmal die Kür, bevor die Pflicht erneut ruft. Denn wir cruisen entlang der wunderschönen Küstenstraße nach Deía, und ich überlege kurz, ob ich nicht einfach dableiben und ins Postkartenbusiness einsteigen soll.

Vielleicht mach ich ab sofort in Postkarten.

Die Ausblicke sind der Hammer! Wir lassen uns die Serpentinen hinab Richtung Port de Soller treiben und genießen dort einen feinen Mandelkuchen (Kuchen ist sehr wichtig zum Radfahren, keine Widerrede!), während die berühmte Soller-Bahn an uns vorbeischnauft.

Den Kuchen können wir sehr gut gebrauchen, denn jetzt geht es noch einmal bergan. Der Soller-Pass steht auf dem Menü und ich bin anfangs ein bisschen traurig, dass wir mit den Rädern nicht durch den Tunnel abkürzen dürfen. Nach wenigen Metern bergan hat sich das aber gelegt: Die Haarnadelkurven sind dank des Tunnels fast autofrei und die Steigung ist völlig akzeptabel. Das Tollste am Soller ist jedoch die Abfahrt: Diese Kurven – ein Traum, sogar für mich Angsthasen. Glücklich und jetzt aber dann doch richtig zerstört nach 120 Kilometern und 1800 Höhenmetern kommen wir wieder in Paguera an.

Soller – Fast autofrei hinauf…
… und in wunderbaren Serpentinen bergab.

Jetzt sind die Kräfte endgültig alle. Deswegen rollen wir zum Abschluss unseres kleinen Trainingslagers nur noch lockere 30 Kilometer und hinterlassen eine Spur der Verwüstung in den Eisdielen am Wegesrand. Das haben wir uns verdient!

Fazit: Wir sind so k-l-u-k! Und haben trotzdem Spaß.

Zugegeben – das war wahrlich kein Trainingslager, wie es im Lehrbuch steht. Völlig untrainiert angereist, keinen wirklichen Ruhetag, der Ausgangspunkt Paguera am Fuße des Tramuntana-Gebirges ohne Möglichkeit, mal richtig flach zu fahren. Macht aber nix: Es war ganz wunderbar. Immerhin knapp 450 Kilometer und 6000 Höhenmeter haben mich richtig vorangebracht und ich hatte zudem das Glück, nicht direkt krank zu werden trotz der plötzlichen Belastung. Da hab‘ ich meinen Körper gut überrumpelt, haha!

Obwohl es ein paar Regentage gab und auch die Temperaturen keine Rekordwerte erzielten, können wir sehr zufrieden sein. Denn wenn Deutschland gerade bei -20 Grad in Schockstarre verweilt, sind 13 Grad ein sehr guter Deal.

Ansonsten hat Mallorca seinen Ruf als DIE Radfahrerinsel völlig bestätigt: Zufriedenstellende Infrastruktur und sehr rücksichtsvolle Autofahrer, bei denen stark fühlbar ist, dass sie den Umgang mit Radfahrern einfach gewöhnt sind (auch, wenn es nur kurz nach unserem Trainingslager leider tödlich gekracht hat#machdenbogen). Im Vergleich zu Sizilien fällt vor allem der sehr gute Straßenzustand auf und die Geschwindigkeitsbegrenzungen für Autofahrer zugunsten der Radfahrer auf vielen Nebenstrecken ist eine schöne Maßnahme.

Schilder weisen auf den Überholabstand hin.

 

Mallorca, wir kommen wieder!

 

Carolyn Ott-Friesl

Seit fast 20 Jahren auf dem Rennrad unterwegs - nicht viel, nicht schnell, aber mit Leidenschaft. Seit 2014 Bloggerin auf Ciclista.net
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Meine Ausrüstung:
Helm* - Brille* - Bluetooth-Kopfhörer* - Radsportbekleidung* - Radsportcomputer*

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3 Gedanken zu “Mallorca im Februar – Paguera: Rennradfahren am Fuße der Tramuntana”