Leif Lampater: „Olympische Spiele ohne Medaille bringen Dich sportlich nicht weiter“

Leif Lampater vom Team rad-net Rose  ist seit Jahren eine feste Größe im deutschen Bahnradsport. Es gibt kaum ein Sechstagerennen, bei dem er nicht zum Favoritenkreis zählt, die Liste seiner Erfolge bei Sixdays, nationalen Meisterschaften und Weltcups ist lang. Nach seiner Teilnahme in Athen 2004 wollte er auch bei den Olympischen Spielen in Rio mit dem deutschen Vierer angreifen. Das hat wegen eines Sturzes nicht geklappt.

Immer wieder radelt mir der 33-jährige Radprofi im Rosenheimer Land über den Weg, wo der gebürtige Schwabe heute lebt. Bei der diesjährigen Neuauflage der Bruckmühler Radsportnacht ergriff ich die Gelegenheit und stellte ihm ein paar Fragen.

 

CICLISTA: Leif, momentan wird in alle Richtungen sehr kontrovers über die Olympischen Spiele diskutiert.  Wie siehst Du als Sportler die Olympischen Spiele, wie sie sich jetzt darstellen? Ist die Begeisterung beeinträchtigt?

LEIF LAMPATER: Als Sportler stehst Du erst einmal unter Strom, stehst tagtäglich unter immensem Leistungsdruck. Du musst Dich vollkommen darauf konzentrieren, dass Du Deinen Sport machst. Von daher versuchst Du, vieles einfach auszublenden. Das musst Du als Sportler einfach machen, gerade, wenn Du in Rio dabei bist.

 

Also ist es immer noch das größte Event, das ein Sportler erleben kann?

Es ist nun einmal so, dass es für die meisten Sportarten, außer Fußball und vielleicht im Profiradsport noch der Tour de France, das Highlight mit der höchsten Medienaufmerksamkeit ist. Ganz klar.

 

Wie hast Du Deine Teilnahme in Athen 2004 in Erinnerung?

Da wurde ich etwas ins kalte Wasser geschmissen. Im Jahr zuvor gab es  heftige Unstimmigkeiten im Bund Deutscher Radfahrer. So landete ich überraschend im deutschen Vierer und unterm Strich war ich mit dem Rennen zufrieden. Leider haben wir die Medaille gegen die Spanier knapp verpasst, Bronze wäre großartig gewesen. Ansonsten ist es natürlich toll, bei den Olympischen Spielen dabei zu sein. Wenn Du allerdings ohne Medaille nach Hause fährst, bringt es Dich sportlich nicht wirklich weiter.

 

Leif LampaterDie Teilnahme in Rio hat für Dich leider nicht geklappt. Wärst Du mit Deiner Vorbereitung zufrieden gewesen, was hättest Du Dir ausgerechnet?

Natürlich hätte ich mir zumindest die Chance ausgerechnet, dabei zu sein. Dieses Jahr ist bis zur WM leider nicht so gut gelaufen wie erwartet, dafür war das letzte Jahr richtig stark. Von daher hatte ich mich noch einmal richtig motiviert, um in Form zu kommen. Aber die Verletzung am Kahnbein, die ich mir im Mai zuzog, ließ mir leider gar keine Chance auf die Spiele. Kurz nach meinem Sturz wurden die Olympiastarter nominiert.

 

Sehr schade! Wie hast Du Dir die Verletzung zugezogen?

Das passierte während des Skive-Løbet, einem 1.2 UCI-Rennen in Dänemark. Ich stürzte voll auf meine Hand. Später wurde festgestellt, dass etwa 400 Kilo auf die Hand gewirkt haben müssen, ich bin also total umgeknickt. Ich rammte ich mir die Speiche direkt ins Kahnbein, dadurch wurden zwei Knochensplitter herausgedrückt. Eine ganz blöde Verletzung, die leider sehr lange braucht, um ganz abzuheilen und bei der die Hand lange Zeit komplett geschont werden muss. Glücklicherweise zeigte das letzte CT, dass der reingeklebte Knochensplitter gut durchblutet wird, 80% der Bewegungsmöglichkeit ist wieder da. Es wird vielleicht nicht mehr komplett wie früher, aber ich rechne nicht mit bleibenden Einschränkungen.

 

Welche Bahnradrennen könnten spannend werden in Rio? Auf wen müssen wir aus deutscher Sicht achten?

Ganz klar sind die Sprinter die deutschen Medaillenkandidaten, vor allem Kristina Vogel, die ja vielleicht sogar Fahnenträgerin wird (Anm. d. Red: Gestern wurde Tischtennisspieler Timo Boll als Fahnenträger bekannt gegeben). Im Ausdauerbereich ist, denke ich, vor allem Roger Kluge in aussichtsreicher Position.  Leider sehe ich für den deutschen Vierer, für den ich mich vorbereitet hatte, wenig Chancen auf Medaillen. Da sind die Briten, Neuseeländer, Australier und wahrscheinlich auch die Dänen zu weit vorne. Da muss man sagen, dass eine Teilnahme am kleinen Finale schon ein großer Erfolg wäre.

 

Wirst Du die Spiele im TV verfolgen?

Ja klar!

 

Als Radprofi ist es ja nicht selbstverständlich, sich auf Bahnradsport zu spezialisieren. Wie kam es denn bei Dir dazu?

Bei mir lag das Talent eindeutig auf der Bahn, da hatte ich Erfolg und mir hat das viel Spaß gemacht.

 

Was braucht man speziell im Bahnradsport, um erfolgreich zu sein, auch im Vergleich zum Straßenradsport?

Schnellkraft ist auf der  Bahn denke ich wichtiger als auf der Straße, zudem ist eine gute Übersicht über das Rennen notwendig sowie eine sehr gute Radbeherrschung. Man muss Bahnfahren wollen, dann kann das auch viel Spaß machen und dann kann man erfolgreich sein.

 

Hattest Du in der Jugend eine Bahn in der Nähe?

Ich komme ja ursprünglich aus der Stuttgarter Gegend, da konnten wir früher noch die Hanns-Martin-Schleyer-Halle nutzen. Das war ganz wichtig, weil die Bahn beheizt war und wir damit auch im Winter trainieren konnten, wenn es draußen nicht möglich war.

 

Berliner Sechstagerennen - Leif Lampater
Berliner Sechstagerennen 2015

 

Es ist derzeit für den Radsport insgesamt und gerade für den Bahnradsport schwierig, Nachwuchs zu gewinnen. Wie denkst Du, dass Jugendliche für Radsport begeistert werden können?

Ich denke, dass die Arbeit von Christian Grasmann in Irschenberg mit den Maloja Pushbikers Future Stars hier wegweisend ist. Da wird geschaut, dass man im Sommer nach Augsburg fährt auf die Bahn und die Kids sind begeistert. Das zeigt, dass man Kinder für Radsport motivieren kann. Es gibt also Möglichkeiten, aber es ist definitiv nicht einfach.  Man müsste Radsport-Deutschland wieder begeistern, dann geht das sicherlich einfacher.

 

Leider schrumpft die Zahl der Sechstagerennen immer weiter. Denkst Du, dass sich der Trend bald wieder umkehren könnte?

Leider sieht es im Moment nicht danach aus. Die Revolution Series hat Interesse, internationale Bahnrennen zu veranstalten, es gibt Interesse von den Berliner Veranstaltern und es war wichtig, dass London in den Sixdays-Kalender zurückgekommen ist. Die arbeiten dran, eine Serie in den großen Städten aufzubauen, aber es ist natürlich schwierig. Man müsste das Fernsehen dazu bekommen, dann kommen auch die Sponsoren.

 

Dabei wären die knackigen Bahnrennen vielleicht sogar interessanter für die TV-Zuschauer als lange Tour-Etappen.

Es ist nicht so einfach, die Spannung und die Atmosphäre im Fernsehen rüberzubringen. Daran arbeiten gerade viele Menschen, wobei es in London bereits gute Ansätze in diese Richtung gab. Wenn das klappt, dann ist sicherlich alles möglich.

 

leif-lampater-radnet-rose

 

Denkst Du, dass es noch weniger Sixdays geben wird? Wie siehst Du die Zukunft von Berlin und Bremen, den letzten beiden deutschen Sechstagerennen?

Da mache ich mir wenig  Sorgen. Berlin wurde von den Londonern übernommen, das wurde nicht gemacht, um das Rennen einzustellen. In Bremen lief bisher auch ganz gut, von daher klappt das auch in den nächsten Jahren, denke ich.

 

Reicht es für Dich als Bahnprofi noch, um über den Winter zu kommen?

Die letzten Winter ging das noch, natürlich muss man im Sommer auch aktiv sein, damit es sich ausgeht. Ich hatte noch einmal die Möglichkeit, in die Bundeswehr zu gehen, das war ganz wichtig. Ansonsten muss man das leider im Moment von Winter zu Winter betrachten, Planungssicherheit gibt es definitiv nicht mehr.

 

Lieben Dank, dass Du Dir Zeit genommen hast, weiter gute Besserung und viel Erfolg für die Bahnsaison!

 


 

Mehr Infos über Leif Lampater gibt es unter www.leiflampater.com

 

Carolyn Ott-Friesl

Seit fast 20 Jahren auf dem Rennrad unterwegs - nicht viel, nicht schnell, aber mit Leidenschaft. Seit 2014 Bloggerin auf Ciclista.net
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