2. Etappe Zillertal Bike Challenge 2016 – Von Singletrails und anderen Abenteuern

Ohje ohje, die Beinchen noch sauer vom Vortag und schon geht es heute weiter mit der Schinderei. Wenigstens steht mit 33 Kilometern und knapp 700 Höhenmetern die nominell leichteste Etappe der Zillertal Bike Challenge für uns Lords und Ladies an. Nur der Singletrail am Ende macht mir Fahrtechnik-Niete etwas Sorgen… Erika aus den Niederlanden warnt uns noch vor dem Startschuss vor dem anspruchsvollen Trailabschnitt. Die Frau weiß zu viel. Naja, ich verfolge ja ohnehin die Devise: Nicht hinfallen, nicht im Weg stehen, das wird schon!

Den Zug zum Startort verpassen kann ich heute schon einmal nicht – denn der Start ist heute in Zell am Ziller, gerade einmal zwei Kilometer vom Aktivhotel Tuxerhof entfernt, wo ich während der Zillertal Bike Challenge nächtige. Der Start erfolgt gestaffelt – erst die völlig Verrückten Kings & Queens, dann die ein bisschen Verrückten Princes und Princesses und dann wir, die einzig Normalen hier Lords und Ladies.

So kann ich auf dem Weg zum Start den Prinz/essinnen noch frenetisch zujubeln und mich selbst in Gedanken beglückwünschen, dass ich heute fast 30 Kilometer weniger fahren darf als sie. Harhar.

Bereits zum Start in Zell am Ziller ploppen die Sommersprossen!
Bereits zum Start in Zell am Ziller ploppen die Sommersprossen!

 

Die Sonne knallt zu unserem Start um 09:45 Uhr schon wieder unerbittlich herab, auf meiner Haut ploppen bereits zu so früher Stunde unvermittelt Sommersprossen auf. Zusammen mit Michele aus Liechtenstein rolle ich gemächlich über die Startlinie – kein Grund zur Eile, schließlich steigen wir nach zwei neutralisierten Kilometern ohnehin erst einmal in eine Gondel der Rosenalm-Bergbahn.

 

Gondeln können Leben retten!
Gondeln können Leben retten!

Erst nach dem Ausstieg auf 1350m beginnt die Zeitmessung und gleich ziehen die ersten schon wieder übermotiviert den Berg hinauf. So ein Stress! Von hinten drängeln die Teilnehmer der King/Queen-Runde, die den Spaß ja ganz ohne Bergbahn bewältigen müssen und uns Weicheier sicherlich heimlich (und zurecht) auslachen. Ich muss nicht dazu sagen, dass die Royalen mit doppelter Geschwindigkeit an mir vorbeiziehen. Naja, die sind ja auch schon aufgewärmt, lasst mich hier erstmal warmfahren, dann… ach egal.

Wenigstens ist der gesamte Aufstieg schön schattig – sehr wohltuend nach der Knallesonne gestern. Da die 600 Höhenmeter zu Beginn gleichzeitig fast die letzten Höhenmeter des Tages für uns Kleinrundler sind, fasse ich mir ein Herz und versuche mal, stetig ein wenig Gas zu geben. Das gelingt auch ganz gut, viele anfänglich Übermotivierte sind schnell wieder eingeholt und ich fahre meinen Stiefel hinauf.

Ein Ausblick vom Feinsten auf dem Weg zur Kreuzwiesenalm!
Ein Ausblick vom Feinsten auf dem Weg zur Kreuzwiesenalm!

 

Schön, dass die vielen Wanderer auf dem Weg immer wieder fleißig anfeuern, das macht schon Laune. „Do isch nemme weit nuff!“, sagt einer von ihnen, und er hat recht. Als ich dann kurz darauf die Kuppe erreiche, ärgere ich mich fast, dass ich nicht mehr Gas gegeben habe. Ich bin doch noch viel zu fit, um jetzt schon oben zu sein!

Bei der Verpflegung an der Kreuzwiesenalm halte ich dann eigentlich nur kurz, um meine ohnehin noch fast volle Trinkflasche aufzufüllen und die ansässigen Seniorinnen zu unterhalten, die das Treiben von einem Aussichtsbankerl aus betrachten. „Des Jahr fahrn da aber viele Weiber mit“, sagt eine davon irritiert und ich muss schmunzeln, während ich mich wieder aufs Rad schwinge.

Intelligenztest: Immer der richtigen Farbe folgen!
Intelligenztest: Immer der richtigen Farbe folgen!

 

Jetzt geht es erst einmal lange bergab. Ein hin und wieder grober Waldweg mit einigen Regenrinnen lässt mich die Höhenmeter schnell wieder verlieren, denn ich bin todesmutig und fahre viel schneller runter, als ich mir das eigentlich zugetraut hätte. Geht doch!

Als der Untergrund zu Asphalt wird, kann ich die Kurven noch etwas rasanter nehmen – bis es dann mitten während einer langen Geraden scharf rechts weg geht. Die Bremsen quietschen, ich fahre in die Kurve und bereue, dass ich zu doof zum frühen Schalten bin. Denn plötzlich geht es noch einmal 50 Höhenmeter einen steilen Waldweg hinauf – die Schaltung kracht, die Caro ächzt und irgendwann stehen mir drei Helfer im Weg und deuten hektisch nach links.

Was wollen die denn von mir? Ach so. Der Weg geht da weg. Oder eher: der „Weg“. Ich bleibe erst einmal stehen und schaue mir den Singletrail von oben an. Aha, steil, drei hohe Wurzelstufen und danach gleich eine enge Spitzkehre, nach der es grobsteinig weitergeht. Inzwischen kommt ein schneller King von hinten angerauscht, ich lasse ihn ganz ladylike (hihi) vor und schaue mir sein Gehopse über die Wurzeln an.

Hops, hops, hops - da lief ich lieber runter...
Hops, hops, hops – da lief ich lieber runter…

 

Die Entscheidung ist schnell gefallen: Ich werde da nicht runterfallenfahren, sondern eine gemütliche Wanderung einlegen. Ich verabschiede mich bei den Streckenposten, die mich noch zum Fahren überreden wollen und rutsche radlliebend und -schiebend hinunter. Ein echt schöner Trail! Zumindest wenn man sowas fahren kann. Hin und wieder springe ich beiseite, wenn sich die Trailkönner von hinten anmelden und hab so hier auch noch meine sportliche Herausforderung. Irgendwann rauscht auch Michele lachend an mir vorbei und juchzt bei jedem Huckel. So einen Spaß hätte ich gerne mal bergab! Mein Versuch, den letzten Teil des Singletrails zu fahren, geht beinahe schief, also beende ich den Abschnitt, wie ich ihn begonnen habe: zu Fuß.

Der Rest der Etappe ist unspektakulär, tut aber trotzdem nochmal weh: 8 Kilometer geht es nur scheinbar eben auf dem Zillertal-Radweg Richtung Mayrhofen. Gemeinerweise geht es aber ganz leicht bergauf. Tempo halten kann so weh tun, wenn da 50 versteckte Höhenmeter lauern… vor allem, wenn ein durchtrainierter Holländer Dich in seinem Windschatten mitnehmen will – man aber eigentlich garnicht mehr so schnell kann und keine Chance hat, ihm den Plan auszureden.

Jetzt nur noch "flach" ins Ziel.
Jetzt nur noch „flach“ ins Ziel.

 

Ich habe meine Kotzgrenze schon in Sicht, da lässt er mich gnädigerweise doch wegplatzen, winkt zum Abschied und rast davon. Verrückt, diese Holländer. Vor allem die, die sich in die Berge verirren.

Irgendwann hat der eeewige Radweg dann doch sein Ende. Ein paar Mal links, ein paar Mal rechts und dann ist das Ende in Sicht. Zweieinhalb Stunden, nachdem ich die Zeitmessmappe oben an der Rosenalm-Bahn überquert habe, komme ich im Ziel in Mayrhofen an. Gerade mal zwei Almradler und schon sind fast alle Strapazen des Tages schon wieder vergessen.

Dafür kann jetzt das große Zittern beginnen – denn der Hintertuxer Gletscher wartet morgen beim großen Finale. Uah!

 


 

Weiterlesen…

1. Etappe: Wir brutzeln uns nach oben

3. Etappe: Grande Finale am Tuxer Fernerhaus


 

Hinweis: Meine Teilnahme an der Zillertal Bike Challenge und die Unterkunft im Aktivhotel Tuxerhof erfolgt auf Einladung und Kosten der Zillertal Tourismus GmBH.


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Carolyn Ott-Friesl

Seit fast 20 Jahren auf dem Rennrad unterwegs - nicht viel, nicht schnell, aber mit Leidenschaft. Seit 2014 Bloggerin auf Ciclista.net
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Meine Ausrüstung:
Helm* - Brille* - Bluetooth-Kopfhörer* - Radsportbekleidung* - Radsportcomputer*