Slowenien zum Rennradfahren? Eigentlich voll logisch, ich meine, irgendwo mĂŒssen ja auch Tadej PogaÄar und PrimoĆŸ RogliÄ ihre Runden gefahren sein frĂŒher und so schlecht hat es ihnen wohl nicht getan. đ

Aber irgendwie haben wir es uns die letzten Jahre immer einfach gemacht, sind ĂŒber den Brenner gehĂŒpft (so weit ist das ja von uns glĂŒcklicherweise nicht) und sind dann in SĂŒdtirol oder im Trentino unsere bewĂ€hrten Runden gefahren. Und das ist auch immer wieder schön. Aber irgendwie ploppte in den letzten Jahren Slowenien immer wieder als Outdoor-Sport-Ziel im Bekanntenkreis auf – immer mit der Info „es ist dort soooo schön“.
Wir buchen also nach langer Spielplatz-Recherche eine nigelnagelneue Ferienwohnung in Bovec (sprich „Bovets“, nicht „Bovetsch“), dem gröĂten Ort im SoÄa-Tal, schnallen die RĂ€der auf den Thule-HecktrĂ€ger, packen Kind und Oma ein, versuchen uns auf der Fahrt hin zumindest „Hallo“ (zdravo) und „Danke“ (hvala) auf slowenisch zu merken, fahren vorbei am GroĂglockner, stoppen kurz in Lienz, dippen ganz kurz nach Italien hinein um dann in die Berge Richtung Slowenien abzubiegen.
Und was soll ich sagen? Kurz hinter dem GrenzĂŒbergang am Predilpass MĂSSEN wir kurz anhalten. Das Bergpanorama ist zu schön, um einfach weiterzufahren und diesen Blick nach drei Sekunden schon wieder zu verlieren. Und zack bin ich Slowenien-Fan (ja, mit Bergausblick bin ich recht schnell zu begeistern đ ) und meine Vorfreude auf die nĂ€chsten Tage mit meinem Orbea Orca wĂ€chst direkt um 300 %.

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SoÄa-Tal und Triglav-Nationalpark
Bovec liegt im SoÄa-Tal im Triglav-Nationalpark. Der Fluss SoÄa ist bekannt fĂŒr Rafting- und Canyoning-Abenteuer und fĂŒr seine verrĂŒckt blaue Farbe. Der Nationalpark hat seinen Namen vom höchsten Berg Sloweniens, dem Triglav mit mehr als 2800 m. Er ist Teil der Julischen Alpen und rund um den Triglav gibt es noch einige weitere 2000er, die fĂŒr das oben erwĂ€hnte Bergpanorama sorgen.
Ganz ehrlich: Ich hab mich vor dem Urlaub nicht so richtig mit den Routen um Bovec beschÀftigt und habe einfach gehofft, dass es da bestimmt ein paar Optionen gibt. Und die gibt es auf jeden Fall.
Rennradfahren rund um den Triglav-Nationalpark – gut zu wissen
In der Theorie sehr gut erreichbar ist die StraĂe zum Mangart hinauf, der höchsten asphaltierten StraĂe Sloweniens, die etwas ĂŒber 2000 Meter erreicht. Allerdings war die StraĂe gesperrt, als wir dort waren und die Infos, die wir online fanden, waren widersprĂŒchlich. Man kann sich mit dem Rad wohl an den Sperren vorbeimogeln, es gibt aber offenbar durchaus die Gefahr von SteinschlĂ€gen und Erdrutschen. Ob man das riskiert, muss jeder selbst entscheiden – wir haben uns diesmal dagegen entschieden.

Prinzipiell lagen die Anstiege, die wir gefahren sind, viel im Wald – ideal, wenn die Temperaturen sommerlich sind. Die Steigungen sind nicht zu unterschĂ€tzen, aber meist gut zu fahren, auch wenn es zwischendurch wirklich steile Rampen gibt (z. B. bis zu 18 % am VrĆĄiÄ-Pass), ein typischer Anstieg hat ca. 7 bis 8 % im Durchschnitt, wĂŒrde ich sagen.
Gut zu wissen: Wenn man wie wir in Bovec wohnt und am liebsten Rundtouren macht, muss man bereit sein, gröĂere Touren zu fahren. Wer nicht nur das SoÄa-Tal hoch und runter fahren möchte, kommt eigentlich nie auf Routen unter 90 Kilometer und ca. 1800 Höhenmeter. Denn meistens sind es Bergmassive, die da umfahren werden mĂŒssen und da gibts eben keine AbkĂŒrzung đ
- Beste Reisezeit fĂŒr Rennradfahren in Slowenien: Mai bis Oktober, je nach Schneelage auf den PĂ€ssen
- Beachte die Sperrzeiten MangartstraĂe/VrĆĄiÄ-Pass: Oft im Winter gesperrt oder nur eingeschrĂ€nkt befahrbar
- Wasserstellen / Brunnen: Gibt es in kleinen Ortschaften und oft an Anstiegen â gut fĂŒr Refill unterwegs
- Ausreichend Proviant einpacken, nicht ĂŒberall gibt es Einkehrmöglichkeiten
- Auf lĂ€ngere Distanzen einstellen â denn kurze, flache Runden sind hier kaum möglich.
Eistipp in Bovec: Im Kavarna Triglav gibt es richtig gutes Eis und groĂe Kugeln – ich kann Geschmacksrichtung „Dubai-Schokolade“ empfehlen. đ§
Tour 1: Predilpass, VrĆĄiÄ-Pass
90 km, 1900 hm – Tour auf Komoot
Die Nacht bringt kĂŒhlende Gewitter und ich bin ganz froh, dass ich die erste Tour bei gemĂŒtlichen 25 Grad in Bovec starten kann. ZunĂ€chst geht es hoch zum Predilpass und ich freu mich schon die ganze Auffahrt sakrisch auf den Ausblick oben. Zurecht. Oben angekommen geht es rĂŒber nach Italien, vorbei am Predilsee und sanft rollend hinunter nach Tarvisio. Von dort fĂŒhrt ein schöner, immer leicht ansteigender Radweg wieder zurĂŒck Richtung Slowenien bis nach Kranjska Gora. sogar eine Tankstelle liegt bei Podkoren auf dem Weg fĂŒr einen Proviantstopp. (Die schlieĂt aber recht frĂŒh, also am besten vorher die Ăffnungszeiten checken, wenns akut wird.)



Ab Kranjska Gora geht es dann hinauf zum VrĆĄiÄ-Pass, dem höchsten befahrbaren Pass Sloweniens. Ein wirklich besonderer Anstieg, finde ich. Das liegt zum Einen daran, dass viele der Kehren auf der nördlichen Anfahrt mit Kopfsteinpflaster ausgelegt sind. Zum Anderen ist der Pass wirklich angenehm auch bei heiĂem Wetter, weil man viel durch den Wald fĂ€hrt. Und wenn der Wald mal aufmacht, ist der Ausblick oft spektakulĂ€r.


DarĂŒber hinaus kriegt man mit ein bisschen Zeit und Interesse auch Geschichte mit. Die StraĂe wurde nĂ€mlich wĂ€hrend des 1. Weltkriegs als MilitĂ€rweg von russischen Kriegsgefangenen erbaut, die zu hunderten dabei ums Leben kamen. Nach ca. vier Kilometern bergauf liegt die „Russische Kapelle“ am Weg, die ebenfalls von den Kriegsgefangenen erbaut wurde – ein sehenswertes Denkmal, das allerdings ein paar Schritte im Wald liegt, unpraktisch mit Rennradcleats.


FĂŒr mich reichen die 7,5 % im Durchschnitt, um dann oben am Passschild ganz schön kaputt zu sein. Ich freu mich trotzdem darĂŒber, dass ich es geschafft hab, ĂŒber die Schafe, die vorbeitraben und ĂŒber die Aussicht auf 30 Kilometer und 1200 Höhenmeter bergab.

Was mich aber dann doch auch zur Eile treibt, sind die dunklen Wolken, die ĂŒber die Berge immer nĂ€her kommen. Ein schneller Blick aufs Regenradar und ja: Ich sollte mich jetzt wirklich etwas beeilen. So stĂŒrze ich mich also die wunderschönen Kehren hinab, der Wind pustet mich voran und kurz nachdem ich das Rad im Radkeller versperrt habe, geht das Unwetter auch schon los. Top Timing! đ
Tour 2: Sella Carnizza, Sella Nevea, Predilpass
95 km, 2000 hm – Tour auf Komoot
Die zweite Tour fĂŒhrt mich zunĂ€chst Richtung SĂŒden, vorbei am Boka-Wasserfall bis nach Ćœaga. Dort biege ich Richtung Westen ab, es geht direkt bergauf auf einer recht ruhige StraĂe. Immer wieder öffnet sich der Blick auf die hohen Berge. Nach einer kurzen Abfahrt ĂŒberquere ich wieder die Grenze nach Italien, biege auf eine kleinere StraĂe ab, es geht bergauf und ich bin mitten in einem kleinen Rennradparadies gelandet.

Der Weg ist schmal und schattig, immer wieder rauscht ein BĂ€chlein neben der StraĂe hinab, die Einheimischen hupen vor den Kurven um sich anzukĂŒndigen und auĂer einigen deutschen Campern ist echt wenig los. So lĂ€sst es sich aushalten und so komme ich ziemlich glĂŒcklich oben am Sella Carnizza an.

Die Abfahrt ist dann nicht ganz so idyllisch. Denn es geht hier richtig steil bergab, die Kurven sind eng und mit dem Schattenspiel und ein paar Löchern in der StraĂe muss man sich wirklich konzentrieren. Auch mit Scheibenbremsen gar nicht ohne. Unten angekommen, gönne ich mir in Resiutta erstmal ein Eis und mache mich dann entlang des schicken Radwegs auf Richtung Chiusaforte, wo es ĂŒbrigens auch noch eine schöne Einkehrmöglichkeit direkt am Radweg gibt.


Jetzt geht es los nach Sella Nevea, dem letzten groĂen Anstieg heute. Es geht recht harmlos los, mit 2 bis 5 Prozent geht es hinauf, leider recht sonnig. Bei der Hitze zermĂŒrbt mich das aber ganz schön und ich freu mich ein bisschen, dass es auf den letzten 7 Kilometern zum Pass endlich „richtig“ bergauf geht, damit die verbleibenden Höhenmeter weniger werden. Mit vielen Kehren und Tunneln und vorbei an einigen Baustellen schraube ich mich nach oben zum Sella Nevea und rolle danach hinunter zum Predilsee. Ein TrĂ€umchen.


Jetzt nur noch knapp 200 Höhenmeter, die jetzt doch nochmal ganz schön wehtun. Ich belohne mich mal wieder mit dem Ausblick vom Predilpass und sause hinunter nach Bovec.
Tour 3: Durchs SoÄa-Tal bis Kobarid und zurĂŒck
45 km, 550 hm – Tour auf Komoot
Dank viiiel zu wenig Training war ich nach den beiden gröĂeren Touren leider zu durch, um nochmal 2000 Höhenmeter in Angriff zu nehmen. Deswegen dachte ich mir, ich schau mir das SoÄa-Tal nochmal ein bisschen genauer an. Mit Komoot plane ich mir eine kleine Runde zusammen und fahre los Richtung SĂŒden. Hier ist eindeutig mehr Verkehr als auf den Bergen rundherum und auch die Hitze haut hier nochmal anders rein.
Laut Komoot gibt es eine rennradtaugliche Möglichkeit, die SoÄa in der NĂ€he von Trnovo zu queren und danach ĂŒber einen Anstieg Richtung Kobarid zu kommen. Die RealitĂ€t: Die Querung ist eine riiiichtig wackelige HolzbrĂŒcke und der Anstieg ist ein steiler Schotterpfad. Gut, das war wohl nix. Nichtsdestotrotz ist die BrĂŒcke ein toller Fotospot und ich bin doch froh, dass ich den kleinen Umweg gemacht habe. Und die Meldung an Komoot mache ich auch direkt. đ


ZurĂŒck auf der HauptstraĂe fahre ich weiter bis nach Kobarid, wo ich mir in der Altstadt ein Eis kaufe, bevor ich wieder Richtung Norden dĂŒse. Ein paar Kilometer geht es an einer schmalen, verkehrsarmen StraĂe direkt an der SoÄa entlang, bis ich wieder zurĂŒck auf die HauptstraĂe muss. Vor dem Boka-Wasserfall gibt es wieder die Möglichkeit, eine schöne Nebenstrecke zu nehmen und auf der anderen Seite der SoÄa ruhig entlang zu fahren, bis ich nach ein paar Höhenmetern wieder in Bovec ankomme.



Rennradfahren in Slowenien – mein Fazit
Ich bin wirklich sehr unvorbereitet und mit wenigen Erwartungen nach Slowenien gefahren. Und das SoÄa-Tal und der Triglav-Nationalpark haben mich wirklich begeistert. Ich liebe es, wenn eine Gegend noch nicht komplett im Ăbertourismus angekommen ist, es auch einfach richtig ruhige StraĂen gibt und mit Ausblick bin ich eh gleich zu haben. Die Rennradtouren sind anspruchsvoll, aber lohnend.
Bovec selbst ist ĂŒbrigens ein freundlicher, kleiner Ort. Es gibt einige CafĂ©s, Restaurants, einen ordentlichen Spielplatz und wir kamen auch mit Englisch und Deutsch sehr gut durch. Ăsterreich ist ja auch Luftlinie nur ein paar dutzend Kilometer entfernt und historisch gibt es einige deutschsprachige BezĂŒge, sogar die Franken herrschten hier mal! Aber sicherlich liegt das auch an den vielen deutschen Touristen, ausgehend von den Kennzeichen war der halbe Landkreis Rosenheim vor Ort. đ

Richtig gĂŒnstig ist Urlaub in Slowenien ĂŒbrigens nicht unbedingt. Lebensmittel und Restaurantbesuche sind auf einem Ă€hnlichen Preislevel wie bei uns in Bayern, die Kugel Eis kostet zwischen 2 und 2,50 âŹ. Bei den UnterkĂŒnften kommt es denke ich stark auf die Urlaubszeit an – wir waren rund um Pfingsten unterwegs, ich fĂŒrchte, da sind die Voraussetzungen fĂŒr „gĂŒnstig“ jetzt auch nicht sooo ideal.
Falls Ihr also Lust auf Kletterei und Bergblicke habt und vielleicht mal nicht (nur) nach Italien reisen möchtet, kann ich Euch den Triglav-Nationalpark wirklich ans Herz legen. Und wer noch Outdoor-Alternativprogramm braucht, findet mit Rafting, Canyoning und auch schönen Wanderungen ganz viele Optionen im SoÄa-Tal.
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Carolyn Ott-Friesl
Seit fast 20 Jahren auf dem Rennrad unterwegs - nicht viel, nicht schnell, aber mit Leidenschaft. Seit 2014 Bloggerin auf Ciclista.net
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Meine AusrĂŒstung:
Helm* - Brille* - Bluetooth-Kopfhörer* - Radsportbekleidung* - Radsportcomputer*