Einmal im Jahr stehen tausende von Fahrradfans, Medienvertretern und ein groĂer Teil der Bike Industrie gemeinsam im Stau vor Friedrichshafen. Eurobike, yeah! Doch irgendwann hat auch der lĂ€ngste Stau sein Ende und man erreicht glĂŒcklich und nur noch ein bisschen genervt das MessegelĂ€nde. Dann sieht man sich gefĂŒhlt 3 StĂ€nde an, trifft in den langen GĂ€ngen tausend Bekannte, fĂ€hrt zwei RĂ€der Probe und schon ist der Tag wieder vorbei. Und man denkt sich: „Moment, aber ich wollte doch noch zu…“
Gerade, wenn man nur einen Tag auf der Eurobike verbringt, ist zumindest das tröstlich: Auch, wenn man zwei Wochen Zeit hĂ€tte, wĂŒrde man immer noch nicht alles gesehen haben.
Netzwerken in der Blogger Base
EindrĂŒcklich fĂŒr mich waren vor allem die vielen Treffen: Gunnar Fehlau (pressedienst fahrrad, overnighter.de…), Jule (radelmaedchen.de), Bernd (jacominasenkel.de), Claude (cycling.claude.de), Andrea Reidl (busy-streets.de), Anita (bikesisters.net) Alexander (velostrom.de), Jörg (ilovecycling.de) und viele mehr – mich hat es wirklich sehr gefreut, Euch alle mal im „Real Life“ kennenzulernen! Wer also mal geballte Bloggerprominenz live erleben möchte: Auf der Eurobike geht das spitzenmĂ€Ăig! đ
An dieser Stelle auch noch ein groĂer Dank an Mirjam vom Wriders Club bzw. von der Messe Friedrichshafen – eine sehr angenehme und gemĂŒtliche AtmosphĂ€re habt Ihr da in der Blogger Base geschaffen, vielen Dank dafĂŒr!
Was gab es zu sehen auf der Eurobike 2017?
Mit den meisten war ich mir einig: Im Rennradbereich gab es wenig wirklich Neues zu sehen. Das heiĂt nicht, dass nicht trotzdem viele interessante Produkte ausgestellt waren, aber die Innovationen konzentrierten sich eindeutig auf den E-Bike-Bereich. Wer jetzt empört die Nase rĂŒmpft – probiert ein E-Bike aus (macht SpaĂ!) und fĂŒhrt Euch die Bandbreite in diesem Bereich vor Augen:
E-Bike heiĂt nicht nur Rentnerrad – das heiĂt auch Pendler- und City-Verkehrsmittel, Downhillbike mit integriertem Lift, UnterstĂŒtzung bei schweren GĂŒtern auf dem Lastenrad, erster Fahrrad-BerĂŒhrungspunkt fĂŒr Antisportler, Bike fĂŒr gehandicapte Menschen…
Nichtsdestotrotz ist fĂŒr mich natĂŒrlich erst einmal der sportliche Bereich ohne Akku spannend. Uns kam es ĂŒbrigens irgendwie vor, als ob jeder zweite Hersteller mit Chris Froome wirbt đ Tja, Erfolg hat eben viele Komponenten.
Ein kleiner Ăberblick ĂŒber meine Eurobike-Highlights:
Abus
Neues fĂŒr den Kopf: Der Aerohelm Abus Gamechanger wurde zusammen mit dem Team Movistar entwickelt und soll bei jeder Kopfstellung optimale Aerodynamik bieten bei guter BelĂŒftung (fĂŒr einen Aerohelm).
Den Faltschloss-Klassiker Abus Bordo gibt es jetzt mit einem spannenden neuen Feature: einem akustischen Alarm. Sobald das Bordo 6000A registriert, dass an ihm (ernsthaft) rumgefummelt wird, geht ein 15-sekĂŒndiger Alarm los mit ca. 100dB.
Bianchi
Bei Bianchi sind mir zwei Produkte besonders im GedĂ€chtnis geblieben. Eins davon ist das Bianchi Specialissima im „Mercatone Uno“-Farbdesign, das Marco Pantani gewidmet ist – schlieĂlich hat er 1998 Giro und Tour gewonnen, 2018 jĂ€hrt sich der italienische Triumph (mit leider bitterem Beigeschmack) zum 20. Mal. Kostenpunkt der limitierten Version: 4699 Euro.
Das andere Produkt ist das Bianchi SF01, das in Zusammenarbeit mit dem Autohersteller Ferrari entstand. NatĂŒrlich darf hier das charakteristische Ferrari-Rot nicht fehlen, das Projekt ist eine Prestigesache. Bianchi will sich positionieren, und zwar ganz weit oben im Luxussegment. FĂŒr den Luxushobel muss man entsprechend tief ins Portemonnaie greifen, 15 000 Euro stehen auf dem Preisschild. Viel SpaĂ beim Shoppen đ
HP Velotechnik
FĂŒr mich sehr spannend, weil erst einmal so gar nicht mein Bereich, war der Besuch bei HP Velotechnik und deren LiegerĂ€dern. Schnell wird klar: Da steckt richtig viel Herzblut drin und es macht richtig SpaĂ, die einzelnen technischen Details zu entdecken, zum Beispiel den neuen Blinker. Von sportlich ĂŒber praktisch faltbar bis Bikepacking ist hier alles dabei. Ich wĂŒrd mich auf jeden Fall freuen, mal ein Liegerad im Alltag zu testen.
Alpina
Alpina steht fĂŒr bewĂ€hrtes Fahrradzubehör im Bereich Helme und Brillen – und da wird man auch in der nĂ€chsten Saison nicht enttĂ€uscht. FĂŒr Damen gibt es den neuen Helm Fedaia, sehr leicht und dennoch robust, top belĂŒftet, aus drei unterschiedlichen Komponenten zusammengesetzt und auch das Design kann sich sehen lassen.
Auch bei den Brillen gibt es Updates: die Twist-Serie wurde neu aufgelegt und ist mit Rahmen, ohne Rahmen und mit halbem Rahmen zu haben, sowohl fĂŒr breite als auch fĂŒr schlanke Köpfe. Da wird auf jeden Fall fĂŒndig, wer auf der Suche nach einer neuen Fahrrad- oder Lifestyle-Brille ist.
Haibike
Na gut, ein bisschen linsen wir doch noch in den E-Bike-Bereich. Bei Haibike nĂ€mlich, die bei den sportlichen Pedelecs in die Vollen gehen. Hier ist nix mit Akku unauffĂ€llig verstecken, vielmehr schreien diese Bikes mit jedem Designelement „SCHAU! MICH! AN!“. Nichtsdestotrotz ist der Akku stimmig verbaut an den wuchtigen Bikes. Das sieht sowohl Uphill als auch Downhill nach richtig SpaĂ aus.
Bioracer
Bioracer ist so ein bisschen der „hidden champion“ unter den Bekleidungsmarken. Als Ausstatter der deutschen Rad-Nationalmannschaft, einiger Profiteams und Anbieter von Custom-Radbekleidung kennt man die Marke durchaus, aber dass hier richtig innovativ entwickelt wird, das habe ich unterschĂ€tzt.
Besonders stolz sind die Belgier auf eine Technologie, die fĂŒr Tony Martins WM-Zeitfahren in Doha entwickelt wurde: Der Hightech-Stoff speichert Feuchtigkeit und kĂŒhlt so stetig, perfekt bei heiĂen Temperaturen.
Nicht ganz neu, aber interessant fĂŒr uns Damen: Die Fahrrad-TrĂ€gerhose mit ReiĂverschluss hinten – so sollen spontane Pinkelstopps in der Wildnis wĂ€hrend langer Radtouren auch fĂŒr Frauen problemloser werden. Spannende Sache, die sich auszuprobieren lohnt.
Garmin und Wahoo
Garmin stellte den neuen Edge 1030 vor, das neue Topmodell im Bereich Radcomputer – bessere Navigation, bessere Akkulaufzeit, bessere KonnektivitĂ€t als der Edge 1000. Der SpaĂ kostet allerdings auch 50 Euro mehr: 599 Euro werden fĂŒr den Edge 1030 aufgerufeon. Einen ganz anderen Weg geht da Konkurrent Wahoo, der mit dem ELMNT Mini eine sehr abgespeckte Radcomputer-Version prĂ€sentierte fĂŒr gerade einmal 90 Euro.
Neu ist bei Garmin auch das Wattmesssystem Vector 3 – leichter, genauer und besser mit anderen GerĂ€ten verknĂŒpfbar als der VorgĂ€nger. Gemessen wird im Pedal und das System kostet 999 Euro. FĂŒr Einsteiger gibt es Vector 3s – dabei wird einseitig gemessen fĂŒr 599 Euro.
EindrĂŒcke von den Probefahrten
Im Demobereich locken so viele unterschiedliche Fahrradmarken und Fahrradtypen, mit und ohne Akku, Rennrad, Lasten- und Liegerad, Mountainbike, Citybike… Leider reicht die Zeit nicht, alles durchzutesten. Aber ein paar Probefahrten haben wir uns doch gegönnt.
Endlich bin ich mal ein Rennrad mit aktueller Shimano Ultegra Di2, also elektronischer Schaltung probegefahren. Schick daran war es vor allem, unterschiedliche Automatikmodi auswĂ€hlen zu können – im höchsten Automatikmodus bedeutet das Folgendes: Wenn ich auf ein anderes Ritzel schalte, wird geprĂŒft, ob es auch Sinn macht, das Kettenblatt zu wechseln, damit die KettenfĂŒhrung optimal bleibt. Falls ja, wird das automatisch angepasst. Sehr angenehm und unaufdringlich. Nur der Knopf fĂŒr das Einstellen des Automatikmodus am Lenkerstopfen ist recht schlecht zu bedienen.
AuĂerdem wollte ich unbedingt mal ein Lastenrad fahren – und wie der nette Herr von Douze Bikes sagte: Es ist anfangs wie der Umstieg von Auto auf LKW. Sehr wackelig machte ich mich also mit dem E-Lastenrad auf den Weg. Nach kurzer Zeit wurde ich mutiger und zirkelte um die Demo-StĂ€nde. Wendiger als gedacht, coole Sache!
Der beste Mann der Welt war schon bei HP Velotechnik ganz fasziniert von den LiegerĂ€dern und probierte dann gleich mal eins bei Hase Bikes aus, ausgestattet mit einem Shimano Steps Antrieb. Hinten zwei RĂ€der und vorne eins, so kann man auch erst einmal nicht umkippen. Die MotorunterstĂŒtzung war heftig, aber etwas verzögert, was bergauf zu Problemchen mit dem doch recht schweren Bike fĂŒhren kann. Des Mannes Fazit: Bequem und perfekt zum Pendeln!
Zu guter Letzt nahmen wir noch den Continental Riemenantrieb mit stufenlosem Automatikgetriebe (und mit E-Antrieb) unter die Lupe. Das Getriebe schaltet automatisch, damit man bei jeder Geschwindigkeit dieselbe Trittfrequenz beibehalten kann, alternativ können die GÀnge auch manuell gewÀhlt werden. Der Unterschied zwischen Riemen und Kette war auf der kurzen Testfahrt nicht erkennbar.
Eurobike 2018 ohne Publikumstag
Ein voller Tag, nach dem man sich gar nicht alles merken kann, was einem vorgestellt wurde. Aber die Eurobike war auch dieses Jahr ein tolles Erlebnis, perfekt zum Netzwerken und ein spannender Einblick in die aktuellen Trends der Fahrradindustrie.
NĂ€chstes Jahr gibt es einige Ănderungen in Friedrichshafen: Die Messe soll bereits im Juli stattfinden (RadhĂ€ndler werden stöhnen, dass der Modellwechsel jetzt NOCH frĂŒher droht) und ist ohne Publikumstag geplant, der bisher immer den Abschluss der Eurobike darstellte. Ganz klar, die Eurobike ist zuallererst eine Fachbesuchermesse, aber wo sonst können Radfreunde eine so erschlagende Auswahl aller Facetten des Fahrrads erleben? Sehr schade!
Ich hoffe, ihr hattet ein wenig SpaĂ an meinem Rundgang auf der Eurobike! Wart Ihr dort? Was hat Euch am besten gefallen? Ich freue mich auf Eure Kommentare!
Carolyn Ott-Friesl
Seit fast 20 Jahren auf dem Rennrad unterwegs - nicht viel, nicht schnell, aber mit Leidenschaft. Seit 2014 Bloggerin auf Ciclista.net
Mehr ĂŒber mich...
Meine AusrĂŒstung:
Helm* - Brille* - Bluetooth-Kopfhörer* - Radsportbekleidung* - Radsportcomputer*
4 Gedanken zu “Eurobike Show 2017: Alles E-Bike, oder was?”
Mich hat es auch gefreut, auch wenn wir uns nur kurz gesehen haben, weil ich so im Messestress war. Komm doch im nÀchsten Jahr ein paar Tage. Dann sieht man sich sicher öfter :-).
Liebe Carolyn,
ein wirklich toller Bericht von dir! Das hast du alles an einem Tag recherchiert? Wow.
Ich habe deinen Bericht in meinem Artikel verlinkt.
Es war mir eine Freude, dich kennenzulernen. Bis bald!