Dich hat es gepackt: Du hast endlich ein Rennrad und bist voll motiviert, Dich immer weiter zu verbessern! Aber wie macht man das eigentlich, schneller zu werden und lÀngere Distanzen zu schaffen?
FĂŒr den Anfang reicht normalerweise als Faustregel schon das berĂŒhmte Zitat der Radsportlegende Eddy Merckx:
Fahre so viel oder so wenig, so weit oder kurz wie Du willst. Hauptsache, Du fÀhrst.
Wer dran bleibt und einfach fĂ€hrt, kann schon nach kurzer Zeit eine Verbesserung erkennen. FĂŒr eine bestimmte Strecke brauchst Du dann immer weniger Zeit oder die gleiche Distanz klappt immer lockerer. Die eigene LeistungsfĂ€higkeit setzt da erst einmal genĂŒgend Grenzen, damit man es nicht ĂŒbertreibt. Aber irgendwann möchtest Du es dann wissen: Wie wird man gezielt schneller? Und wie trainiert man, lĂ€ngere Strecken zu fahren?
Inhalt:
- Realistische Ziele
- Vier grundlegende Tipps fĂŒr Dein Rennrad-Training
- Buchtipps zum Thema Rennradtraining
Realistische Ziele
Um „das richtige Training“ beim Rennradfahren gibt es viele Kontroversen, alle paar Jahre kommt eine Studie heraus, die bisher sicher Geglaubtes wieder in Frage stellt. Nichtsdestotrotz gibt es einige ganz grundlegende Trainingstipps, mit denen Du gut fĂ€hrst und mit denen Du Dich stetig verbessern wirst. Das wichtigste dabei ist, Dich nicht zu ĂŒberfordern. Hör‘ auf Deinen Körper und setze Dir realistische Ziele. Fang nicht gleich mit einem Profipensum an, das kann nur schief gehen! Denn dann verlierst Du garantiert schnell die Lust am Training.
Vier grundlegende Tipps fĂŒr Dein Rennrad-Training
Es ist sehr schwierig, einen allgemeingĂŒltigen Plan fĂŒr Rennrad-AnfĂ€nger zu erstellen, schlieĂlich startet jeder von einem anderen Niveau und mit anderen Zielen. Aber ich möchte Dir mit den folgenden vier Tipps zumindest eine Orientierung dafĂŒr geben, wie Du Dein Training grundlegend gestalten kannst.
1. Periodisiere Dein Training!
Mein erster Tipp ist, Dein Training systematisch zu steigern. DafĂŒr bietet es sich an, die Trainingszeit in Blöcke einzuteilen. Wenn Du noch nicht besonders sportlich oder sporterfahren und noch dazu ein Mann bist, ist es sinnvoll, Dein Training in Blöcke von drei Wochen zu gliedern. Der erste Block beginnt damit, Dich in der ersten Woche moderat zu fordern, in der zweiten Woche legst Du noch eine Schippe drauf und die dritte Woche lĂ€sst Du etwas ruhiger angehen.
Danach geht es weiter mit dem zweiten Block: Die erste Woche des zweiten Blocks forderst Du Dich moderat, aber schon etwas mehr als in der ersten Woche des ersten Blocks. Danach steigerst Dich etwas in der nÀchsten Woche und machst in der dritten Woche wieder langsam. Danach geht es von vorne los. In ein Diagramm gefasst könnte das so aussehen:
Wenn Du nicht ganz von Null startest und bereits recht sportlich bist, kann sich ein Block auch auf vier Wochen erstrecken. Dabei greift das gleiche Prinzip: Du forderst Dich moderat in der ersten Woche, steigerst Dich in der zweiten und dritten Woche jeweils ein bisschen und lÀsst es in der vierten Woche ruhig angehen.
Wie Du Dein Training konkret steigerst, kommt auf Deine Ziele und Dein Ausgangsniveau an. Steigern kannst Du Dein Training sowohl in Bezug auf Distanz, HÀufigkeit als auch Geschwindigkeit. Ganz praktisch könnte das so aussehen:
Nimm Dir vor, zwei Mal pro Woche auf dem Rad zu sitzen. Du fĂ€hrst in der ersten Woche insgesamt 80 Kilometer (also nicht pro Ausfahrt, sondern z.B. 2x 40km), in der zweiten Woche 95 Kilometer, in der dritten Woche 110 Kilometer und die vierte Woche rollst Du gemĂŒtlich mit insgesamt 50 Kilometern dahin. Die nĂ€chsten vier Wochen planst Du genauso, beginnst aber gleich in der ersten Woche mit 90 Kilometern und steigerst Dich langsam.
Egal, wie Du die Periodisierung auf Dein Training anwendest: wichtig ist auf jeden Fall die Phase, in der Du weniger trainierst. Die solltest Du nicht ĂŒberspringen! Denn Dein Körper braucht auch mal eine Pause, um die Trainingsreize ĂŒberhaupt verarbeiten zu können. Mehr dazu unter Punkt 4, Regeneration!
Periodisierung des Trainings fĂŒr Frauen
Bei Frauen sieht die Sache oft etwas anders aus. Zwar wird auch hier das Training schrittweise gesteigert und auch die Regeneration spielt eine entscheidende Rolle beim Trainingserfolg. Es zeigt sich jedoch immer mehr, dass beispielsweise der Drei-Wochen-Trainingsrhythmus fĂŒr Frauen nicht unbedingt sinnvoll ist.
Leider gibt es noch nicht wirklich viele Erkenntnisse zum idealen Training, mit dem Frauen ihre Höchstleistungen erreichen können. Leider wird, wie in der Medizin, auch in der Sportwissenschaft sehr gern „der Mann“ als Standard genommen.
Die Periodisierung des Trainings kann bei den Damen auch mit dem Zyklus bzw. den unterschiedlichen Hormonphasen zusammenhÀngen. Da in den ersten beiden Wochen des Zyklus, gerechnet ab dem ersten Tag der Periode, ein vergleichsweise geringer Hormonspiegel vorhanden ist, bietet es sich an, intensive Trainings in diese Phase zu legen.
Ab dem Eisprung erhöht sich die Anzahl der weiblichen Hormone wie Progesteron und Ăstrogen – damit kann einerseits eine geringere Leistungs- und RegenerationsfĂ€higkeit, andererseits auch andere Dinge wie VerletzungsanfĂ€lligkeit oder ein schlechteres Temperaturmanagement einhergehen. Daher sollten wichtige und intensive Trainingseinheiten und WettkĂ€mpfe eher nicht in diese Phase gelegt werden, wenn Du merkst, dass das auf Dich zutrifft.
AusfĂŒhrlicheres zum Thema frauenspezifisches Training und Zyklus habe ich hier geschrieben.
2. Trainiere regelmĂ€Ăig!
Der schönste Plan bringt nichts, wenn er nicht umgesetzt wird. Es dauert zwar seine Zeit, bis man einen gewissen Fitnessstand erreicht hat – dafĂŒr geht es leider umso schneller bergab, wenn man nichts mehr macht. Deshalb ist es wichtig, dran zu bleiben! Sonst schmilzt Dein Trainingsstand schneller dahin, als Du schauen kannst.
Setze Dir feste Termine fĂŒr Dein Training und versuche, nicht lĂ€nger als maximal eine Woche auszusetzen. Das gilt natĂŒrlich nicht, wenn Du krank bist. Dann gilt: Mach‘ Pause, solange es nötig ist. Wer zu frĂŒh einsteigt, kann sich gefĂ€hrliche Folgeerkrankungen einhandeln. Also lieber ein paar Tage lĂ€nger pausieren als zu frĂŒh wieder einsteigen. Und versuche dann nicht, verpasste Trainingseinheiten auf einmal aufzuholen. Sondern starte passend zu Deinem aktuellen Niveau und steigere Dich behutsam, sonst ist die nĂ€chste ErkĂ€ltung gleich vorprogrammiert.
RegelmĂ€Ăig trainieren heiĂt ĂŒbrigens nicht „immer das Gleiche“ trainieren. Denn damit gewinnst Du keinen Blumentopf. An dieser Stelle kommen wir zum nĂ€chsten Trainingsprinzip.
3. Variiere Dein Training!
Wenn Du immer das gleiche Training absolvierst, wirst Du nicht besser. Denn unser Körper merkt ganz genau, wenn er nicht mit etwas Neuem gefordert wird und stellt sich irgendwann darauf ein, immer genau die Leistung zu bringen, die man fĂŒr die immer gleiche Trainingseinheit braucht. Wer besser werden möchte, muss sich immer wieder herausfordern! Das kann mit schnellerem Tempo, einer lĂ€ngeren Distanz, mehr Höhenmetern oder einer zusĂ€tzlichen Trainingseinheit passieren.
Varianz heiĂt ĂŒbrigens keinesfalls, dass Du Dich bei jeder Ausfahrt abschieĂt und völlig am Ende zuhause ankommst. Sondern es bedeutet, dass Du Dein Training immer wieder anders gestalten solltest. Dein Körper bekommt einen Reiz und versucht dann, sich an die neue Herausforderung anzupassen. Das geht nur, wenn er immer wieder ĂŒberrascht wird. Dazu gehören sowohl langsamere Einheiten als auch schnellere, kĂŒrzere als auch lĂ€ngere Distanzen, niedrige als auch höhere Trittfrequenzen, wenige als auch viele Höhenmeter, Ausfahrten mal alleine und mal in der Gruppe.
Wie der beste Mann der Welt immer zu mir sagt, wenn ich im FrĂŒhjahr beim Rennradfahren keine Lust auf Tempo habe: „Man kann sich auch die Langsamkeit antrainieren!“ Nicht immer, aber hin und wieder solltest Du Deinem Körper zeigen, dass es auch schneller, lĂ€nger, besser geht und dass er sich bloĂ nicht zu sehr an den aktuellen Fitnessstand gewöhnen sollte. đ
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4. Vergiss‘ nicht, auf die Regeneration zu achten!
Das Wichtigste kommt zum Schluss. Und das ist mitunter der schwierigste Punkt an der ganzen Sache, den selbst die alten Hasen im Radsport oft nicht hinbekommen. Denn wer voll motiviert ist, der verpasst gerne mal die Regeneration, also die Pause zur rechten Zeit. Dabei ist Training ohne Regeneration ziemlich sinnlos.
SchlieĂlich verbessert sich Dein Körper nicht wĂ€hrend des Trainings, sondern er verbessert sich danach – wĂ€hrend er Pause macht! Das ist die Zeit, in der die Anpassung an die neue Herausforderung geschieht. Der Fachbegriff dafĂŒr lautet „Superkompensation„. Das bedeutet: Du erschöpfst Deinen Körper und er versucht, beim nĂ€chsten Mal besser gerĂŒstet zu sein, falls Du ihn noch einmal so rannimmst.
Da wird klar, warum Beine hochlegen nach dem Training so wichtig ist. Das bietet Dir die Gelegenheit, Dich weiterzuentwickeln, sonst treibst Du Deinen Körper von Erschöpfung zu Erschöpfung – ohne Möglichkeit, sich von der Erschöpfung zu erholen und sie fĂŒr eine Anpassung zu nutzen. Ich garantiere Dir, dass Du ohne Pause keine Verbesserung erzielen wirst – vielmehr wird Deine Leistung stagnieren und die Kurve irgendwann nach unten zeigen. Stichwort: Ăbertraining. Aber nicht falsch verstehen: Wer NUR regeneriert, wird auch nicht besser. đ
Am wichtigsten ist die Regeneration ĂŒbrigens nicht nur nach, sondern auch vor einer harten Einheit. Wenn Du eine richtig heftige Tour oder sogar ein Rennen machen möchtest, dann sorge dafĂŒr, dass Du sehr gut erholt startest. Vor einem Rennen macht man ĂŒblicherweise in der Woche davor keine intensiven Einheiten mehr, da geht es nur darum, in Bewegung zu bleiben.
Buchtipps zum Thema Rennradtraining:
- Die Trainingsbibel fĂŒr Radsportler* (Joe Friel)
- Rennrad-Training: Topfit fĂŒr Hausrunde, Radmarathon, Alpencross* (Tim Böhme, Jochen Haar)
- Das Geheimnis des Radfahrens: Trainingsdaten nutzen – Topleistungen erzielen* (Hans van Dijk, Ron van Megen, Guido Vroemen)
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Was sind Eure Trainingstipps fĂŒr Rennrad-AnfĂ€nger? Trainierst Du nach Plan? Lass‘ es mich in den Kommentaren wissen! đ
Voll motiviert? Hier gibt es noch mehr Radsport-Tipps! Und wenn Du gerade mit dem Rennradfahren angefangen hast, solltest Du diesen Beitrag fĂŒr RennradanfĂ€nger lesen. đ
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Carolyn Ott-Friesl
Seit fast 20 Jahren auf dem Rennrad unterwegs - nicht viel, nicht schnell, aber mit Leidenschaft. Seit 2014 Bloggerin auf Ciclista.net
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Meine AusrĂŒstung:
Helm* - Brille* - Bluetooth-Kopfhörer* - Radsportbekleidung* - Radsportcomputer*
7 Gedanken zu “Rennradtraining fĂŒr AnfĂ€nger: 4 Tipps fĂŒr Radsporteinsteiger”